Ausgangslage



In der 1. Förderperiode wurden die Mechanismen der Verbundbildung zwischen den Fügepartnern Aluminium und Kupfer in XHV-adäquater Atmosphäre mittels Schwerkraft-Verbundguss im Labormaßstab untersucht. Dazu wurde in Kooperation mit Teilprojekt C01 eine In-situ-Desoxidationseinheit für die Kupfereinleger in die Handschuhbox integriert. Beim Verbundguss von Formeinsätzen aus hochreinem Kupfer und technisch reinem Aluminium bzw. Aluminium- Silizium-Legierungen wurden oxidschichtfreie, stoffschlüssige Verbunde ohne weitere Hilfsschichten oder Flussmittel in der XHV-adäquaten Atmosphäre erzielt. Detaillierte Untersuchungen der Grenzflächen zeigten, dass die Parameter Schmelz- und Einlegertemperatur einen entscheidenden Einfluss auf die Dicke der Verbundzone und damit auf deren thermophysikalische Eigenschaften haben. So wurden für nahezu porenfreie Verbundzonen mit schmalen intermetallischen Phasensäumen hohe Wärmeleitfähigkeiten von > 88 W/(m·K) erreicht. Dies entspricht einer Steigerung der Wärmeleitfähigkeit der Fügezone um mehr als das 2.900-fache verglichen mit konventionellen form- und kraftschlüssigen Verbunden, die über einen Luftspalt verfügen
Eine numerische Analyse des Gießprozesses erfolgte zunächst mittels Gießsimulation, die eine Korrelation zwischen der berechneten sog. Die-Soldering-Time (Zeitspanne in der eine flüssige Phase an der Grenzfläche vorliegt) und der Bildung intermetallischer Phasen ermöglichte. Darüber hinaus wurde durch weitere numerische Simulationen die Schichtentwicklung durch Festkörperdiffusion berechnet und gießtechnisch experimentell validiert. Mittels Elektronenmikroskopie und Röntgenbeugung wurden die intermetallischen Phasen in Zusammenarbeit mit Teilprojekt A05 analysiert und deren Einfluss auf die Wärmeleitfähigkeit bestimmt. Mittels Röntgenmikroskopie wurden Poren im Volumen quantitativ bestimmt, deren Einfluss auf die thermophysikalischen Eigenschaften der Verbundzone berechnet und somit Prozessgrenzen für das Verfahren herausgearbeitet. Das Benetzungsverhalten, die Gasaufnahme und die potenziell höhere Reaktivität der oxidschichtfreien Aluminiumschmelze werden in laufenden Versuchsreihen charakterisiert.
Ziele
Ziel der 2. Förderperiode ist zunächst die bisher erarbeiteten Ergebnisse zu nutzen, um die thermophysikalischen Eigenschaften der oxidschichtfreien Verbunde gezielt einzustellen. So soll die Reduktion der Verbundzonenbreite mit Hilfe eines druckunterstützten Gießverfahrens erzielt werden. Verglichen mit dem bisherigen Schwerkraftguss ermöglicht der geplante Niederdruckguss in XHV-adäquater Atmosphäre in diesem Zusammenhang eine gesteigerte Steuerbarkeit der Verbundbildung durch einen regelbaren Nachdruck beim Dichtspeisen. Dieser kann genutzt werden, um das bisher sehr enge Prozessfenster gezielt zu erweitern und auch bei relativ niedrigen Temperaturen einen flächigen Stoffschluss und somit eine hochqualitative Anbindung zwischen den Fügepartnern zu erreichen. Durch die Skalierung des Laborgießprozesses auf eine Niederdruckgießanlage im Technikumsmaßstab, die über eine temporär erzeugbare, lokale XHV-adäquate Atmosphäre in der geschlossenen Kokille verfügt, soll langfristig zudem eine technische Anwendbarkeit des Verfahrens ohne Handschuhbox ermöglicht werden. In Zusammenarbeit mit Teilprojekt C01 soll daher eine plasmaunterstützte In-situ-Desoxidation in die Kokille integriert werden.
Nachdem die Grundlagen des Niederdruckgusses in XHV-adäquater Atmosphäre verstanden worden sind, besteht das zweite Ziel in der Entwicklung eines sauerstofffreien Verbundgussverfahrens zur Herstellung beschichteter Gussbauteile durch Schichttransplantation. Bisher war dieses vielversprechende Verfahren aufgrund der notwendigen Infiltration einer porösen thermischen Spritzschicht durch den Gusswerkstoff (Formschluss) nur bei Gießverfahren mit sehr hohen Drücken möglich. Bisher ungelöste Herausforderungen sind hierbei die auftretenden Eigenspannungen aufgrund hoher Temperaturgradienten und damit die Tendenz zum kohäsiven Schichtversagen. Im Niederdruckguss unter XHV-adäquater Atmosphäre kann die durch Teilprojekt B02 sauerstofffrei erzeugte und eigenspannungsreduzierte Funktionsschicht zukünftig stoffschlüssig von einem Einleger auf den Gusswerkstoff übertragen werden. Die erfolgreiche Umsetzung ermöglicht neue Bauteil- und Anwendungsspektren für die oxidschichtfreie Schichttransplantation durch die Erschließung von Gießverfahren mit niedrigem Gießdruck.
Veröffentlichungen
Zeitschriftenbeiträge, begutachtet
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(2024): Approach for the monetary evaluation of process innovations in early innovation phases focusing on manufacturing and material costs, Production Engineering 18, pp. 169–189
DOI: 10.1007/s11740-023-01223-5 -
(2023): An X-ray Microscopy Study of the Microstructural Effects on Thermal Conductivity in Cast Aluminum-Copper Compounds, Metals 13, p. 671
DOI: 10.3390/met13040671 -
(2023): Increasing thermal conductivity in aluminium-copper compound castings: modelling and experiments, Materials Science and Technology, pp. 1–11
DOI: 10.1080/02670836.2023.2184591 -
(2023): Determination of thermal conductivity of eutectic Al–Cu compounds utilizing experiments, molecular dynamics simulations and machine learning, Modelling and Simulation in Materials Science and Engineering 31, p. 45001
DOI: 10.1088/1361-651X/acc960 -
(2023): Oxygen‐Free Production—From Vision to Application, Advanced Engineering Materials
DOI: 10.1002/adem.202201819 -
(2022): Influence of the atmosphere and temperature on the properties of the oxygen-affine bonding system titanium-diamond during sintering, The International Journal of Advanced Manufacturing Technology
DOI: 10.1007/s00170-022-09171-7 -
(2022): Oxygen-Free Compound Casting of Aluminum and Copper in a Silane-Doped Inert Gas Atmosphere: A New Approach to Increase Thermal Conductivity, International Journal of Metalcasting
DOI: 10.1007/s40962-022-00910-w -
(2020): Towards Dry Machining of Titanium-Based Alloys: A New Approach Using an Oxygen-Free Environment, Metals 10, p. 1161
DOI: 10.3390/met10091161
Zeitschriftenbeiträge, nicht begutachtet
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(2022): Oxidfreier Verbundguss - Optimale Wärmeleitung zwischen artfremden Verbundpartnern, Giesserei Special 109, pp. 32–40
Konferenzbeiträge, nicht begutachtet
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(2023): Charakterisierung von im Kokillenguss hergestellten Aluminium-Kupfer-Verbunden hinsichtlich der Wärmeleitfähigkeit, In: Clausthaler Zentrum für Materialtechnik (Hg.): Tagungsband 4 . Symposium Materialtechnik. Düren: Shaker Verlag.
ISBN: 978-3-8440-9105-2 -
(2022): Sauerstofffreie Produktion in fünf von sechs Fertigungshauptgruppen, In: Königstein, T., Wank, A. (Hg.): Tagungsband 8. GTV Kolloquium Thermisches Spritzen & Laser Cladding. Lückenbach: GTV Verschleißschutz GmbH, pp. 31–41
ISSN: 1610-0530
Teilprojektleiter
30823 Garbsen
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Teilprojektbearbeiter
30823 Garbsen
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