Ziel des Sonderforschungsbereichs ist es, ein grundlegendes Verständnis über die Vorgänge und Mechanismen in Prozessen der Fertigungs-, Montage- und Handhabungstechnik unter (technisch) vollständigem Ausschluss von Sauerstoff zu erlangen. Damit soll das gänzlich neue Forschungsgebiet der „Sauerstofffreien Produktion“ erschlossen werden, das bereits etablierte Prozesse um neue Möglichkeiten erweitern, die Leistungsfähigkeit der erzeugten Produkte signifikant steigern und zudem völlig neuartige Prozesse ermöglichen wird.
Die Produktionsprozesse der metallverarbeitenden Industrie werden bis heute in der Regel unter Anwesenheit von Sauerstoff durchgeführt. Die dadurch stattfindende Oxidation der Metalloberflächen wirkt in der Fertigung überwiegend als Störfaktor. Auch in konventionellen Schutzgasatmosphären und im technischen Hochvakuum liegen derart hohe Sauerstoffkonzentrationen vor, dass die beteiligten Oberflächen mit Sauerstoff kontaminiert werden. Daher sind Metalloberflächen unter diesen Bedingungen grundsätzlich mit einer Oxidschicht überzogen. Die Möglichkeiten der Metallverarbeitung sind dadurch stark eingeschränkt. Das durch die bis heute selbstverständliche Anwesenheit von Sauerstoff nicht ausgeschöpfte Potenzial der technischen Möglichkeiten und die damit vorhandenen Grenzen in der Metallverarbeitung betreffen nahezu alle Produktionsverfahren. Eine Produktion in sauerstofffreier Atmosphäre würde dagegen erhebliche technische, wirtschaftliche sowie ressourcenrelevante Vorteile bieten und vollkommen neuartige Verfahren ermöglichen.
Im Rahmen des SFB wird eine sauerstofffreie Atmosphäre durch den Einsatz von mit Silan (SiH4) dotiertem Inertgas erzeugt. Durch die Reaktion des Silans mit dem im Inertgas enthaltenen Restsauerstoff können bei Umgebungsdruck Sauerstoffpartialdrücke von weniger als 10–23 bar und damit aus kinetischer Sicht vollständige Sauerstofffreiheit erreicht werden. Es lässt sich in diesem Zusammenhang von einer Atmosphäre adäquat zu extrem hohem Vakuum sprechen. Die erreichbaren Sauerstoffpartialdrücke sind damit um viele Größenordnungen geringer als in technisch erzeugbaren Ultrahochvakua (< 10–15 bar). Aufgrund der stark reduzierenden Wirkung von Silan bieten solche Atmosphären zudem vielfältige Möglichkeiten, Oxidschichten auf Halbzeugen zu entfernen. Die Betrachtung solcher Desoxidationsprozesse ist ebenfalls wesentlicher Gegenstand der geplanten Forschungsarbeiten.